Das Leben verschönern: Die Bitte – eine Strategie fürs Hier und Jetzt
„Was ich in meinem Leben will, ist Einfühlsamkeit, ein Fluss zwischen mir und anderen, der auf gegenseitigem Geben von Herzen beruht.“ M.B. Rosenberg
Mit einer Bitte konzentrieren Sie sich auf die Strategie, die in diesem Moment Ihr Leben verschönern könnte: Was könnte jetzt und hier ganz praktisch für die Erfüllung Ihres Bedürfnisses getan werden?
Eine Frau berichtete: “Ich verhalte mich im Streit mit meinem Mann unkontrolliert aggressiv und er kann nicht damit umgehen. Ich will diese Wut nicht mehr haben. Vor allem sehe ich dann nicht mehr seine guten Eigenschaften und könnte mich direkt scheiden lassen.“ Als Bedürfnis hinter ihrer Wut entdeckte sie:“ Ich will Kontakt – und er analysiert, ist freundlich-höflich. Das bringt mich auf die Palme.“ Ich wandte mich ihr zu: “Für mich klingt es, als hätten Sie viel Schmerz, weil Sie sich einsam fühlen und Verbindung, Nähe zu ihm möchten?!“ Sie nickte. „Als Ihr Mann müsste ich wissen, was genau Sie brauchen, was ich für Sie tun kann oder soll, damit Ihr Bedürfnis nach Nähe erfüllt ist. „Sie schaute irritiert. Ich fuhr fort: “Also: ‚Bitte nimm meine Hand‘ oder ‚Schau mich an‘ oder ‚Sag mir, was du denkst‘.“ Da entfuhr ihr: “Ja! Mein Mann sagt tatsächlich häufig: ‚Was soll ich denn tun?!‘“
Die Kriterien einer Bitte sind:
- Sie bezieht sich auf das Hier und Jetzt (=sie ist sofort umsetzbar).
- Sie ist konkret und handlungsbezogen.
- Sie ist erfüllbar.
- Sie bezieht sich auf das, was Sie wollen (=Was genau soll beginnen?), statt auf das, was Sie nicht wollen.
Beispiele für Handlungsbitten sind:
Bitte räume die Gläser in den Schrank.
Ich hätte gern, dass du mich anrufst, wenn du später kommst.
Würdest du heute die Kinokarten bezahlen?
Ich hätte gern, dass wir heute wenigstens eine Stunde für uns haben.
Kannst du bitte heute meine Bücher in die Bücherei zurückbringen?
(….)
Die Bitte kann sich an sie selbst, an den Auslöser Ihres Gefühls (Ihr Gegenüber) oder an unbeteiligte Dritte richten. Falls es Ihnen unangenehm erscheint, jemanden um etwas zu bitten, führen Sie sich vor Augen, dass die Bitte an andere auf eines der wichtigsten Bedürfnisse von Menschen trifft: zum Wohlergehen anderer Menschen beizutragen. Sie machen anderen Menschen grundsätzlich ein Geschenk, wenn Sie sie um einen Gefallen bitten, besonders, wenn Sie in folgender Haltung an sie herantreten:
Zur inneren Haltung bei der Bitte an andere (nach M.B. Rosenberg)
Ich wäre dir dankbar, wenn du in dich hineinspürtest, um ganz sicher zu sein, dass dich keines der folgenden Motive dazu bewegt, meiner Bitte zu entsprechen:
- Furcht vor meiner Reaktion, wenn du meine Bitte nicht erfüllst,
- Hoffnung, dass ich dich mehr liebe, wenn du sie erfüllst,
- Schuld oder Scham, wenn du meiner Bitte nicht entsprichst,
- die Vorstellung, es sei deine Pflicht oder Aufgabe.
Bitte, bitte, bitte – wenn eine dieser Vorstellungen sich hineinmischt, und wenn in noch so geringem Maße, erfülle meine Bitte nicht! Das Leben ist zu kurz, um irgendetwas unter diesen Umständen füreinander zu tun.
Erfülle meine Bitte nur, wenn du es mit Freude tust und wenn es deine Welt schöner sein lässt!
Vgl. Gerlinde Ruth Fritsch: Praktische Selbst-Empathie (Junfermann 2008, S. 112-113)
Wir veröffentlichen den Auszug aus diesem Buch mit Einverständnis unseres Kooperationspartners Junfermann Verlag. Für uns ist dies Ausdruck eines gelebten Miteinanders, für das wir uns herzlich bedanken.