Mitgliederversammlung 2025
Fachverband Gewaltfreie Kommunikation e. V.
am 01.06.2025 in Stuttgart
Ein Bericht von Jenny Bäuml aus Walkertshofen bei Schwabmünchen
„Mitgliederversammlungen sind nicht so mein Ding“ war ich als Mitglied einiger Organisationen nach entsprechenden Erfahrungen bisher der Ansicht, denn ich hatte die Vorstellung von stickigen Räumen, trockenen Inhalten, Zahlensalaten, endlosen Statistiken und PowerPoint Präsentationen, die meine Euphorie in Grenzen halten würden. Zäher Sirup, durch den ich mich, körperlich anwesend und gedanklich ganz woanders, mit Kaffee und Glukosehäppchen durch den Tag gähnen würde.
Als ich in einer Videokonferenz zum Anerkennungsverfahren Michael Uhlig und Petra Porath kennenlernen durfte und mich ihre zugewandte, freundliche, hilfsbereite und wertschätzende Art so sehr begeisterte, entstand in mir der Wunsch, auch die anderen Menschen in „diesem Verein, in dem ich Mitglied bin“ kennenzulernen. Ich wünschte mir Austausch, Verbindung, Nähe, Gemeinschaft, Zugehörigkeit und eine große Portion Lebendigkeit und Lachen. Und ja, meine bisherigen Erfahrungen und entsprechenden Interpretationen sollten tatsächlich gründlich relativiert werden.
Mit zwei anderen Mitgliedern, Zdenek Hacker und Claudia Mailänder, machten wir uns zu dritt am Samstag auf den Weg nach Stuttgart. Auf der Fahrt war ich angespannt, aufgeregt und unsicher. In mir waren Gedanken wie „Wie werde ich dort aufgenommen?“, „Passe ich da überhaupt rein?”, “ Und was, um Himmels Willen, wenn sie dort alle nur in den vier Schritten sprechen??“ Es fehlte mir an Selbstsicherheit und Mut, ich konnte jedoch während der Fahrt immer wieder in meine rettende Selbstempathie-Schüssel tauchen und so nach ein paar Schlückchen und Paddelrunden in meine Stabilität und innere Mitte zurückfinden. Was für ein Glück, die GFK zu haben!
Zunächst trafen wir uns am Samstagabend zu einem lockeren Kennenlernen und gemütlichem Beisammensein in einer Pizzeria (im Rosenberg-Viertel – wie passend), in dem wir mit zwanzig Menschen gemeinsam zu Abend aßen. Die Atmosphäre empfand ich als locker, leicht, lebendig und inspirierend. Schnell kam ich mit meinen Tischnachbarn ins Gespräch und – welche Erleichterung – allesamt lockere, vergnügte und ganz normal sprechende Menschen! Ein Moment der Herzöffnung und rapider Entspannung meines vegetativen Nervensystems war die Begegnung mit Dirk und sein unglaublich sympathisches und ansteckendes sonores Lachen! All das entspannte mich total, ich war sehr erleichtert und voller freudiger Erwartung an den nächsten Tag.
Am Sonntagmorgen erwarteten mich neben Kaffee und Snacks zur Begrüßung auch mittlerweile bekannte Gesichter vom Vorabend – es fühlte sich schon ein bisschen vertraut an. Im gemeinsamen Ankommen erfüllten sich für mich Begegnung, Austausch, Freude und Verbindung – ich fühlte mich wohl und beschwingt und war guter Dinge, was den Tag anbelangte.
Nachdem die Anwesenden festgestellt (23 Vollmitglieder, 1 Gast) begrüßt und auch die Abwesenden genannt wurden, ließ Uli Michalski den Tag mit drei Fragen anklingen:
Wer bin ich, woher komme ich und gibt es etwas Wichtiges, das ich mitteilen möchte?
Der Austausch erfolgte reihum und gab uns die Möglichkeit, einander wahrzunehmen, die Stimmen zu hören, sich zu zeigen, Bedürfnisse mitzuteilen („…es kann sein, dass ich irgendwann mein Strickzeug raushole…“, „ich möchte eine halbe Stunde früher gehen, damit ich meinen Zug noch erwische“). Ein kurzes Kennenlernen im Schnelldurchlauf. Ich fand das eine schöne Idee und mir gab es Sicherheit, Struktur und Orientierung in dieser Runde. Nach einer Anregung falteten wir uns kurzerhand noch Namenskärtchen, das hat mein Bedürfnis nach Orientierung nochmal mehr unterstützt.
Nachdem die Beschlussfähigkeit festgestellt wurde, folgten verschiedene Berichte zu unterschiedlichen Tagesordnungspunkten:
Aktuelle Vorstandszusammensetzung, Mitgliederentwicklung der letzten 15 Jahre, regionale und altersspezifische Mitgliederverteilung, Anerkennungsverfahren und -kommission, Öffentlichkeitsarbeit, Finanzbericht, Kassenprüfung, nur um einige zu nennen. Für mich all dieser „langweilige Kram“ (die Suuuperbewertung!), weswegen ich auf keine Mitgliederversammlung mehr gehen wollte.
Und nun konnte ich bei mir einen spannenden Prozess beobachten.
Angesichts dessen, hier so viel an Verbundenheit, Miteinander und ehrlichem Austausch erfahren zu haben, erlebe ich mich plötzlich als Teil eines gemeinsamen Projektes, dessen Belang mein Interesse geweckt hat. Dessen Geschichte und Fortbestand mich bewegt, für mich an Wichtigkeit gewinnt. Na sowas!
Hinter den Zahlen, die vorgestellt wurden, standen nun Gesichter und Geschichten, Beweggründe und Beziehungen. Bewegt und berührt hörte ich von Ingrid und Irmgard, wieviel Engagement, Kraft, Schweiß und Herzblut sie seit dem Gründungsgedanken in ihr “Fachverbands-Baby” gelegt haben, wie wackelig und unsicher manche Zeit war, durch welche Höhen und Tiefen sie gingen und auch wie erleichternd und beglückend, als ein “da waren wir knapp vor dem Aus” sich quasi in letzter Sekunde zum Guten wendete. Mir wurde die Bedeutung dessen bewusst, was die Gründungsmitglieder da auf die Beine gestellt hatten. Der Wahnsinn! Und dass ich nun nach 15 Jahren Fachverband hier dabei sein darf, weil diese Menschen Großartiges geschaffen haben und Aufgeben für sie keine Option war. Da kribbelten Ehrfurcht und Dankbarkeit durch meinen Körper und zwischenrein schwappten so kleine Begeisterungswellen.
Bereichernd und hilfreich fand ich für mich als Neuling auch, zu erfahren, welche Kooperationen mit dem Fachverband verknüpft sind. Ja super, da habe ich mich doch gleich mal ruckzuck bei der Trainerversorgung angemeldet.
Gelebte GFK konnte ich in wunderbarer Form erleben, als die Wahl der neuen Anerkennungskommission anstand. Zum alten Team von Thomas, Jutta, Heinz und Irmgard boten sich sechs neue Menschen unterstützend an: Stefan, Anette, Ute-Maria, Zdenek, Michael und Brigitte. Zunächst sollte darüber abgestimmt werden, ob die Mitglieder demokratisch “on block” oder einzeln gewählt werden. Verschiedene Widerstände taten sich bei der Zustimmung für “on block” auf, die überwiegend darin begründet waren, Mitglieder nicht bewusst wählen zu können, die entweder nicht anwesend oder noch völlig unbekannt waren. Auf eine Wortmeldung folgte die nächste, Handzeichen über Handzeichen, so vieles wollte und durfte gehört werden. In all dem Kuddelmuddel behielt Melanie, die diese Wahl durchmoderierte und stellenweise durch die vielen Wortmeldungen sichtlich ins Schwitzen kam, durchwegs den Überblick und konnte durch ihre ruhige, freundliche und wertschätzende Art die Wahl gut über die Bühne bringen. In gleicher Art und Weise gestaltete sich eine Diskussion über den Begriff “practitioner” im Vorhaben über die Aufteilung des Anerkennungsverfahrens. Ich war beeindruckt und begeistert, erlebte hier Offenheit, Zuhören, Geduld, gegenseitige Wertschätzung. Das erfüllte mich mit großer Ruhe und Sicherheit.
Bewegende Momente waren für mich auch die Verabschiedung aus dem Vorstand von Angela, Petra und Ingrid und die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft auf Lebenszeit an Ingrid und Irmgard. Auch hier so viel Wärme, Liebe, Freundschaft, Dankbarkeit und Wertschätzung. Die Energien der Herzensverbindungen untereinander waren spürbar, greifbar, ehrlich und füllten den Raum. Und zauberten mir eine Gänsehaut auf die Arme.
Zum Abschluss stand noch auf dem Programm: Feiern! 15 Jahre Fachverband!
Mit Gasluftballons in Form einer 15, beklebt mit Fotos der Vorstände und Gründungsmitglieder, einer Rede, Geschenke für Ingrid und Irmgard, Sekt (mit und ohne Dope) und O-Saft, viel Spaß und Lachen. Mit den Fragen “Was erfüllt sich für mich durch die Mitgliedschaft im Fachverband?”, “Was feiere ich am Fachverband?” und “Welche Anekdoten fallen mir dazu ein?” konnten wir uns nochmals im 5-Minuten-Takt untereinander austauschen.
Ein Moment an diesem Tag bleibt mir besonders im Gedächtnis, er hat mich sehr berührt: Ingrid sprach aus ihrer Sicht über die Anfänge des Verbands und den Verlauf der 15 Jahre, senkte am Ende den Kopf, hielt kurz inne, hob ihn nach einem kurzen Moment der Stille wieder und sagte: “ Das war eigentlich ´ne tolle Idee, ne?”
Ja, Ingrid, das war in der Tat eine supertolle Idee, die ihr da hattet. Danke dafür!
Am Ende des Tages verließ ich die Versammlung nicht nur mit Informationen, sondern mit einem warmen Herzen, verbindenden Begegnungen und dem Eindruck, Teil von etwas Größerem zu sein, Teil einer Vision, Teil einer Gemeinschaft in menschlichem Miteinander. Ich freue mich sehr, nächstes Jahr wieder dabei sein zu können und bis dahin über meinen Anerkennungsprozess mit euch in Kontakt bleiben zu dürfen. Danke, dass es euch gibt!