Besonders in Gesprächen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern können Vorwürfe und Analysen eine besondere Dynamik entfalten. In jedem Vorwurf schwingt ein moralisches Urteil mit. Von der Chefin ausgesprochen, heißt das in der Regel: Du bist nicht gut genug – und diese Botschaft kommt immer an. Wer das vermittelt bekommt, kann höchstens noch zwischen Rebellion oder Gehorsam wählen – oder entscheidet sich zunächst für den Mittelweg der Rechtfertigung.
Ähnlich verhält es sich mit Analysen, Diagnosen und Interpretationen. Obwohl sie eigentlich rein hypothetisch sind, werden Sie als ein Etikett für andere benutzt, das lediglich den eigenen moralischen Bewertungen Rechnung trägt. Der andere wird „abgestempelt“ – in diesem Fall als einer, dessen Benehmen „total unmöglich“ oder „unkooperativ“ ist.
„Erziehungsmittel“
Nicht nur in Chefgesprächen, sondern auch unter Partnern, Freunden und Kollegen wird häufig eines – oder mehrere – der vier so genannten „Erziehungsmittel“ verwendet: das Erzeugen von Schuld oder Scham sowie der Einsatz von Strafe bzw. Drohungen und als Gegenpart dazu Belohnung oder Lob. Die Absicht dahinter ist die Erwartung, der andere würde daraufhin sein Verhalten verändern – möglichst noch aus der Einsicht heraus, zuvor einen Fehler gemacht zu haben und jetzt das „Richtige“ zu tun. Was für Reaktionen kann eine Drohung wie „dann könnte es sein, dass sich unsere Wege irgendwann trennen müssen“ hervorrufen? Wer seinen Job behalten will, dem bleibt hier nichts als Unterwerfung. (…)
Reine Übungssache
Gerade in der ersten Zeit fällt es vielen Menschen schwer, mit ihren eigenen Worten, in ihrer eigenen Umgangssprache einfühlsam zu sprechen. Sollten Sie selbst schon Ihre eigenen ersten Erfahrungen damit gesammelt haben, was es heißt, gewaltfrei zu kommunizieren, haben Sie vielleicht auch schon die Frage gehört: Was redest du denn auf einmal so komisch? Lassen Sie sich davon keinesfalls entmutigen – Sie sind auf dem richtigen Weg. Und Ihre Worte so holprig sie anfangs noch klingen mögen, werden ihre Wirkung trotzdem nicht verfehlen. Mitgefühl und Einfühlung sind Bedürfnisse, nach deren Erfüllung sich die meisten Menschen so sehnen, dass es ihnen auf den Inhalt und nicht so sehr auf die Verpackung ankommt – uns solange Ton und Absicht Herzenssache sind.
Susann Pásztor, Klaus-Dieter Gens: Mach doch, was Du willst (Junfermann 2005)
Wir veröffentlichen den Auszug aus diesem Buch mit Einverständnis unseres Kooperationspartners Junfermann Verlag. Für uns ist dies Ausdruck eines gelebten Miteinanders für das wir uns herzlich bedanken.