Was für eine Erleichterung, wenn man am Ende begreift, dass andere Menschen nicht für die eigenen Gefühle verantwortlich sind! Ich hielt das lange Zeit für ein Klischee, das einfach keinen Sinn ergab. Heute weiß ich, dass unsere Gefühle das Ergebnis der zugrunde liegenden Bedürfnisse sind. Nehmen wir an, Ihre halbwüchsige Tochter lädt eine Freundin zu sich nach Hause zum Abendessen ein, ohne Sie vorher gefragt zu haben. Manchmal können Sie sich über solch einen Zuwachs in Ihrer Familienrunde freuen, weil er Ihre Bedürfnisse nach Spaß und Vielfalt erfüllt und zum Leben Ihrer Tochter beiträgt. An anderen Abenden kann es sein, dass Sie sich sehr müde und überlastet fühlen, und aufgrund Ihrer Bedürfnisse nach Ruhe und Erholung dürfte es Ihnen keinen Spaß machen, einen Gast am Tisch zu haben. In beiden Szenarien ist der Auslöser gleich: Ihre Tochter lädt eine Freundin nach Hause ein, ohne vorher zu fragen. Ihre Antwort auf die Situation fällt jedoch unterschiedlich aus, je nachdem, ob Ihre Bedürfnisse erfüllt sind.
Wenn wir wissen, dass andere nicht für unsere Gefühle verantwortlich sind, können wir aufhören, sie zu beschuldigen – und stattdessen, aussprechen, was wir wirklich brauchen. Dieser Bewusstseinswandel kann drastische Auswirkungen haben und Ihre Lebensqualität und die Qualität Ihrer Beziehungen verbessern. Wenn Ihre Tochter Sie mit einem Gast zum Abendessen überrascht, können Sie Pizza für die Kinder bestellen und den Abend in Ihrem Zimmer verbringen, wenn Sie Ruhe und Entspannung rauchen. Sie können die Freundin auch einladen, an einem anderen Abend wiederzukommen. Wenn Sie jedoch darauf ausgerichtet sind, Ihre Tochter zu beschuldigen, schränken Sie Ihre Wahlmöglichkeiten ein und sorgen eventuell für verletzte Gefühle und Spannungen in Ihrer beider Beziehung.
Werden Sie sich heute der Bedürfnisse bewusst, die Ihre Gefühle verursachen.
Mary Mackenzie: In Frieden leben (Junfermann 2007)
Wir veröffentlichen den Auszug aus diesem Buch mit Einverständnis unseres Kooperationspartners Junfermann Verlag. Für uns ist dies Ausdruck eines gelebten Miteinanders für das wir uns herzlich bedanken.