Foto: © VRVIRUS - stock.adobe.com

Hinter jedem NEIN steckt ein JA zu einem anderen Bedürfnis 

Hinter jedem NEIN steckt ein JA zu einem anderen Bedürfnis 

Als ich zum ersten Mal von Dr. Rosenberg hörte, dass ich Bitten stellen und auf meine Forderungen verzichten kann, dachte ich ebenso: “Wie soll denn das funktionieren? Was werden mir die Manager und Managerinnen darauf sagen? Kann ich das in meiner Firma mit meinen Mitarbeitenden und in meiner Familie hinkriegen?“ Das erste Schlüsselerlebnis hatte ich wieder einmal nicht im Job, sondern zu Hause. Ich kam erschöpft von einem Beratungstag zurück und sah die Teller vom Frühstück auf dem Tisch stehen. Normalerweise hätte ich jetzt losgeschrien: „Wie sieht es denn hier schon wieder aus?“ Doch ich erinnerte mich an meinen Großversuch (Wertschätzende Kommunikation zu leben) und reagierte anders, nämlich nach den vier Schritten. 

Da ich eine Anfängerin war, hörte sich das Ganze wahrscheinlich etwas unnatürlich an, in etwa so: „Die Frühstücksteller stehen auf dem Tisch. Ich bin sauer, da ich mir Ordnung wünsche. Wäre jemand von euch bereit, das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen?“ Ich bekam keine Antwort. Also sagte ich das Gleich noch einmal, nur etwas lauter. Die Antwort war: „Ja, gleich!“ Nun muss man wissen, dass mein „gleich“ und das meiner Kinder Tage auseinanderliegen können. Jetzt konnte ich entweder ein „Machtwort“ sprechen, oder das Geschirr selbst einräumen   – Ich erlaube Ihnen noch einmal einen Blick in mein Kopfkino, denn da beginnen die Machtspiele und Dominanzstrukturen: „Wer hat hier das Sagen? Ich bin doch die Mutter (die Chefin). Meine Kinder (Mitarbeiter) haben das zu tun, was ich ihnen sage. Die müssen doch auch lernen, dass jeder etwas zum Haushalt (Unternehmen) beizutragen hat. Niemand kann sich immer aussuchen, was er tun und lassen will. Also müssen sie meiner Anweisung (Autorität) folgen …..“ 

Wenn Sie so denken, werden Sie das Spiel verlieren, auch dann, wenn die Spülmaschine eingeräumt wird. Denn Sie werden in anderen Situationen dafür zahlen müssen. Bevor ich mich also zu einer Äußerung oder Handlung hinreißen ließ, wurde mir wieder klar, dass hinter jedem „Nein“ ein „Ja“ zu etwas anderem liegt. Und ich schaute nach meinen Bedürfnissen. Die lauteten in etwa so:“ Wenn es in der Küche ordentlich wäre, dann wäre mein Bedürfnis nach Entlastung und Unterstützung erfüllt.“ Mein Gespräch mit meinen Söhnen hörte sich dann am Abend so an: „Wenn ich daran denke, als ich heute nach Hause kam und die Teller vom Frühstück auf dem Tisch standen (Beobachtung), bin ich frustriert (Gefühl) weil ich mir Entlastung (Bedürfnis) wünsche und dass jeder seinen Beitrag zum Familienleben (Bedürfnis) leistet. Was könntet ihr euch vorstellen (Bitte)?“ Dann kam eine Antwort, die mich verblüffte. Marius sagte:“ Ich könnte einmal die Woche kochen.“ Malte sagte: „Ich könnte einmal die Woche bügeln.“ Das war für mich ein Aha-Effekt, und der Grundstock für das Vertrauen, Bitten anstatt Forderungen zu stellen, war gelegt. Und mir wurde klar, dass hinter jedem „Nein“ ein „Ja“ zu etwas anderem liegt.  

Beate Brüggemeier: „Wertschätzende Kommunikation im Business “ (Junfermann 2017)

Wir veröffentlichen den Auszug aus diesem Buch mit Einverständnis unseres Kooperationspartners Junfermann Verlag. Für uns ist dies Ausdruck eines gelebten Miteinanders für das wir uns herzlich bedanken.